Patientenverfügung

08.03.08: Debatte über Patientenverfügungen – Erster Gesetzentwurf in den Deutschen Bundestag eingebracht

08.03.08: Debatte über Patientenverfügungen – Erster Gesetzentwurf in den Deutschen Bundestag eingebracht

Nach längerer Pause kommt in die Debatte über eine gesetzliche Reglung von Patientenverfügungen wieder Bewegung. Am 06.03.08 haben die Abgeordneten Joachim Stünker (SPD), Michael Kauch (FDP), Dr. Luc Jochimsen (Die Linke) und Jerzy Montag (Bündnis 90/Die Grünen) einen gemeinsamen fraktionsübergreifenden Gesetzentwurf in den Deutschen Bundestag eingebracht.

Der Entwurf sieht keine Reichweitenbegrenzung vor und betont das Selbstbestimmungsrecht des Patienten. Der Text basiert auf einer Vorlage des Bundesjustizministeriums und wurde bereits im Juni letzten Jahres öffentlich vorgestellt. Eine formelle Einbringung war damals für Ende der Sommerpause 2007 angekündigt. Mittlerweile trägt das endgültige Papier die Unterschrift von 205 Abgeordneten aller Parteien, u.a von Justizministerin Brigitte Zypries und Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, beide SPD.

In einer gemeinsamen Presserklärung vom 06.03.08 betonten die vier Abgeordneten, wer das Selbstbestimmungsrecht ernst nehme, müsse dem Patienten für jede Krankheitsphase das Recht zuerkennen, über Einleitung und Abbruch einer lebenserhaltenden Maßnahme selbst zu entscheiden. Der Gesetzentwurf differenziere daher nicht nach Art und Stadium der Erkrankung. Diese Position entspreche auch der des Nationalen Ethikrates und der Bundesärztekammer.

Der eingebrachte Gesetzentwurf sieht deshalb vor, dass konkrete und situationsbezogene Behandlungsfestlegungen in einer Patientenverfügung bindend sind und dass der Patientenwille in allen Stadien einer Erkrankung beachtet wird. Nur bei Zweifeln über den Patientenwillen oder Missbrauchsverdacht muss das Vormundschaftsgericht eingeschaltet werden. Wichtig sei aber auch, dass die Anwendbarkeit einer im Voraus verfassten Verfügung daraufhin überprüft wird, ob sie dem aktuellen Willen entspricht. Äußert der Patient Lebenswillen, soll eine auf Nichteinleitung oder Behandlungsabbruch gerichtete frühere Verfügung nicht wirksam sein.

Kritik am Stünker-Gesetzentwurf

Die Bundesärztekammer übte unterdessen erneut deutliche Kritik an dem Gesetzentwurf. Denn eine solche detaillierte gesetzliche Regelung von Patientenverfügungen werde „der Individualität des Sterbens nicht gerecht und läuft Gefahr, einen fragwürdigen Automatismus am Ende des Lebens zu erzeugen“, sagte Bundesärztekammer-Präsident Jörg-Dietrich Hoppe der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) laut Pressemitteilung der Bundesärztekammer vom 06.03.08.

Es stelle sich daher die Frage, inwieweit überhaupt eine gesetzliche Regelung notwendig sei. Hoppe betonte, schon nach geltendem Recht sei die Patientenverfügung zur künftigen Behandlung im Fall der eigenen Einwilligungsunfähigkeit grundsätzlich verbindlich, soweit das Dokument nicht rechtlich Verbotenes wie zum Beispiel aktive Sterbehilfe verlange. Der Ärztepräsident verwies darauf, dass die Bundesärztekammer bereits heute vor der Abfassung einer Patientenverfügung auf jeden Fall ein ärztliches Beratungsgespräch empfiehlt. Es gehe um wichtige medizinische Fachkenntnisse. Eine Patientenverfügung solle stets mit Blick auf konkrete Situationen und Maßnahmen formuliert werden.

Weitere Gesetzentwürfe

Außer dem jetzt in den Bundestag eingebrachten Gesetzentwurf kursieren seit Mitte letzten Jahres zwei weitere Entwürfe zur Regelung von Patientenverfügungen. Beide stammen maßgeblich aus den Reihen der Union.

Ein Entwurf der Abgeordneten Hans Georg Faust (CDU) und Wolfgang Zöller (CSU) sieht vor, dass Verfügungen zwar in jedem Fall verbindlich sein sollen. Arzt und Betreuer sollen aber in jedem Einzelfall prüfen müssen, ob der schriftlich fixierte Wille mit dem aktuellen Zustand des nicht äußerungsfähigen Patienten übereinstimmt.

Ein weiterer Gesetzentwurf der Gruppe Wolfgang Bosbach (CDU/CSU), René Röspel (SPD), Josef Winkler (Bündnis 90 / Die Grünen) und Otto Fricke (FDP) sieht dagegen eine Reichweitenbeschränkung auf unumkehrbar tödliche Fälle vor.

Beide Entwürfe wurden jedoch noch nicht offiziell eingebracht. Am 29. März 2007 diskutierten die Abgeordneten des Deutschen Bundestag bereits in einer dreieinhalbstündige Auftaktdebatte über die gesetzliche Regelung von Patientenverfügungen (siehe dazu das Themenspecial vom 30.03.07). Nun sollen die Abgeordneten Medienberichten zufolge erneut voraussichtlich nach Ostern aber noch vor der Sommerpause über das Thema debattieren, um bald zu einer Entscheidung zu kommen.

Dokumente zur Debatte:

PDF Entwurf eines 3. Gesetzes zur Änderung des Betreuungsrechts
Gesetzentwurf der Abgeordneten Joachim Stünker, Michael Kauch, Dr. Lukrezia Jochimsen, Jerzy Montag u.a.
Drucksache 16/8442, 20 Seiten, 06.03.08
Anm.: Hier geht es um die Verbindlichkeit von Patientenverfügungen

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