27.05.12: Beschlüsse 115. Deutscher Ärztetag: Verbot organisierter Sterbehilfe gefordert – Nürnberger Erklärung zur NS-Medizin

Vom 22. bis 25 Mai 2012 fand in Nürnberg der 115. Deutsche Ärztetag statt. Dabei sprach sich der Ärztetag, d.h. die Hauptversammlung der Bundesärztekammer, für ein Verbot jeder Form der organisierten Sterbehilfe aus. Zudem gab er eine „Nürnberger Erklärung“ zur NS-Medizin ab.

Die Delegierten begrüßten die Gesetzespläne der Bundesregierung, die gewerbsmäßige Förderung der Selbsttötung unter Strafe zu stellen. „Wenn jedoch verhindert werden soll, dass Sterbehilfeorganisationen unter einem anderen Rechtsstatus weiter ihren Geschäften nachgehen, muss jede Form der gewerblichen oder organisierten Sterbehilfe in Deutschland verboten werden“, forderte der Ärztetag.

Die Delegierten warnten davor, dass sich diese Organisationen in der Praxis leicht zu vermeintlich altruistisch handelnden Vereinen oder Stiftungen umfirmieren ließen. Deshalb müsse der Gesetzgeber „alle Facetten der gewerblichen und organisierten Sterbehilfe strafrechtlich sanktionieren, also auch die Organisationen miterfassen, bei denen rechtlich keine Gewinnerzielungspraxis nachweisbar ist“, heißt es in einer Entschließung.

Nürnberger Erklärung zur NS Medizin

In einer „Nürnberger Erklärung“ vom 23. Mai hat der Ärztetag zudem den Opfern der Verbrechen von Ärzten in der Zeit des Nationalsozialismus gedacht. Hintergrund ist, dass in Nürnberg vor 65 Jahren 20 Ärzte als führende Vertreter der „staatlichen medizinischen Dienste“ des nationalsozialistischen Staates wegen medizinischer Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt wurden. „Wir bekunden unser tiefstes Bedauern darüber, dass Ärzte sich entgegen ihrem Heilauftrag durch vielfache Menschenrechtsverletzungen schuldig gemacht haben, gedenken der noch lebenden und der bereits verstorbenen Opfer sowie ihrer Nachkommen und bitten sie um Verzeihung“, heißt es in der Erklärung des Deutschen Ärztetages.

Die Delegierten wiesen darauf hin, dass die Initiativen gerade für die gravierendsten Menschenrechtsverletzungen nicht von politischen Instanzen ausgegangen seien, sondern von den Ärzten selbst. „Diese Verbrechen waren auch nicht die Taten einzelner Ärzte, sondern sie geschahen unter Mitbeteiligung führender Repräsentanten der verfassten Ärzteschaft“, erklärte der Ärztetag. Ebenso seien medizinische Fachgesellschaften, herausragende Vertreter der universitären Medizin sowie renommierte biomedizinische Forschungseinrichtungen beteiligt gewesen.

„Wir erkennen die wesentliche Mitverantwortung von Ärzten an den Unrechtstaten der NS-Medizin an und betrachten das Geschehene als Mahnung für die Gegenwart und die Zukunft“, heißt es weiter. Der Deutsche Ärztetag verpflichtete sich ferner, darauf hinzuwirken, die weitere historische Forschung durch die Gremien der deutschen Ärzteschaft sowohl in Form finanzieller als auch institutioneller Unterstützung zu fördern.

Weitere Informationen:

Nach oben

Zurück zur Themenrubrik Verbot der Suizidbeihilfe

Zur Rubrik Euthanasie im Nationalsozialismus