15.03.12: Suizid in der Schweiz: Tod der Bundesliga-Legende Timo Konietzka befeuert Debatte um Suizidbegleitung
Der erste Bundesliga-Torschütze und ehemalige Fußballtrainer Timo Konietzka hat nach langer unheilbarer Krankheit am 12. März 2012 in der Schweiz begleiteten Suizid begangen. Unterstützt wurde er dabei durch die Schweizer Sterbehilfeorganisation „Exit“, bei der er seit 2001 Mitglied und Anfang 2011 prominenter Fürsprecher war. Sein Tod befeuerte nun die Debatte über ein Verbot der Suizidbegleitung in Deutschland.
Erst kürzlich hatte der Koalitionsausschuss von Union und FDP bei seinem Treffen am 4. März 2012 beschlossen, dass Geschäfte mit der Sterbehilfe verboten werden sollen. Konkret wollen sie die gewerbsmäßige Förderung der Selbsttötung unter Strafe stellen und dafür einen neuen Tatbestand im Strafgesetzbuch schaffen. Uneinigkeit herrscht darüber, wie weit dieses verbot gehen soll (siehe das Themenspecial vom 09.03.2012 unten).
Bundesärztekammer (BÄK) bekräftigt Haltung in der Frage der Suizidbgleitung
Die Bundesärztekammer (BÄK) hat unterdessen ihre Haltung in der Frage der Suizidbgleitung bekräftigt. „Unsere Position ist eindeutig: Als Sterbehelfer stehen wir nicht zur Verfügung“, sagte BÄK-Präsident Dr. Frank Ulrich Montgomery in einem Interview mit der „Rheinischen Post“ vom 14.03.12. In der Schweiz gebe es nicht-ärztlich geleitet Organisationen, die den assistierten Suizid anbieten, so Montgomery weiter. „Sie lassen sich meist von pensionierten Psychiatern Kurzgutachten über die Zurechnungsfähigkeit des Menschen erstellen, der sich umbringen möchte. Dass dieser Weg möglich ist, ist ein Problem der Schweizer Gesetzgebung, die so etwas zulässt“, kritisierte er.
„Die Delegierten des Deutschen Ärztetages haben sich zu mehr als zwei Drittel sowohl gegen aktive Sterbehilfe, also das Spritzen von Gift, wie auch gegen den assistierten Suizid, also das Überreichen von Giftcocktails, ausgesprochen.“ Die Erfahrung zeige, dass gerade dann, wenn man einem schwerkranken Patienten durch gute Palliativmedizin ein Angebot zum Leben und zu einem würdigen Tod mache, er dies dem schnellen Selbstmord immer vorziehe, erklärte Montgomery gegenüber dem Blatt.
Der Geschäftsführende Vorstand der Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung, Eugen Brysch erklärte in einer Presseaussendung vom 13.03.12: „Der Suizid ist und bleibt eine individuelle Entscheidung jedes Einzelnen. Niemand darf sich die Rolle aneignen, darüber zu urteilen. Es ist gut, dass der Suizid und dessen Begleitung in Deutschland straflos sind.“ Es sei jedoch „entsetzlich, dass Schweizer Sterbehilfeorganisationen immer wieder versuchen, durch die Suizidbegleitung von Prominenten Öffentlichkeit für ihr Geschäftsmodell zu erlangen“.
Die Konkurrenz zwischen diesen Organisationen sei mittlerweile „unerträglich“. In der „Eskalation des Marketings“ gehe es darum, die „größtmögliche Aufmerksamkeit“ zu erhalten. „Der Eindruck ist falsch, dass schwerstkranke Menschen nur in der Schweiz gut begleitet sterben können.“ Die Patientenschutzorganisation mache deutlich, dass der Suizid aber nicht die Fortführung der menschenwürdigen Sterbebegleitung ist. „Es ist gut, dass sich die Regierungskoalition in Deutschland darauf verständigt hat, dieser Praxis ein Ende zu setzen“, so Brysch.
Weitere Informationen:
- Assistierter Suizid von Timo Konietzka und die deutsche Sterbehilfedebatte
Oliver Tolmein
FAZ.NET Blog Biopolitik 13.03.12
- Sterbehilfe-Debatte: Union und FDP wollen Verbot gewerbsmäßiger Förderung der Selbsttötung
Themenspecial vom 09.03.2012