03.02.12: Novelle Apothekenbetriebsordnung: Initiative für bessere Behandlung in der Palliativmedizin
Ärztinnen und Ärzten soll künftig erlaubt werden, im Rahmen der ambulanten Betreuung schwer kranker Palliativpatienten mit teils unerträglichen Schmerzen, diesen Patienten die dringend notwendigen Schmerzmittel zu überlassen, um ihnen unverzüglich und verlässlich zu helfen. Dies sieht die Novelle der Apothekenbetriebsordnung von Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr vor, die das Bundeskabinett am 1. Februar 2012 zur Kenntnis genommen hat. Der Verordnungsentwurf bedarf der Zustimmung des Bundesrates.
Demnach soll künftig der Arzt seinem Patienten bestimmte Betäubungsmittel überlassen dürfen, „wenn der Betäubungsmittelbedarf des Patienten durch eine Verschreibung nicht rechtzeitig gedeckt werden kann“. Die Regelungen dazu sollen in weiteren Rechtsakten getroffen werden. Diese werden zu einer Änderung des Betäubungsmittelrechts sowie zu einer weiteren Ergänzung der Apothekenbetriebsordnung führen.
Bislang dürfen nur Apotheker Schmerzmittel nach ärztlicher Verordnung abgeben. Außerhalb der regulären Öffnungszeiten der Apotheken, nachts, an Feiertagen und an Wochenenden kommt es in der Notfallsituation daher immer wieder zu Problemen hinsichtlich einer ausreichenden Verfügbarkeit der notwendigen Schmerzmittel bei schwerstkranken und sterbenden Menschen. Apotheken sollen daher auch dazu verpflichtet werden, Betäubungsmittel vorrätig zu halten.
Die geltende Apothekenbetriebsordnung wurde 1987 in Kraft gesetzt. Sie regelt die sichere und gute Arzneimittelversorgung durch Apotheken. Das umfasst die Herstellung und Prüfung von Arzneimitteln, aber auch ihre Abgabe und die Beratung und Information von Patientinnen und Patienten. Eine Novellierung der Verordnung sei notwendig geworden, um sie an neue Entwicklungen und Erfahrungen aus der Praxis anzupassen, so das Gesundheitsministerium in einer Pressemitteilung. Das FDP-geführte Ministerium hatte zuvor bereits die Schmerzmittel-Bevorratung für Hospize deutlich vereinfacht.
Weichenstellung für eine Verbesserung der Versorgung schwerstkranker und sterbender Menschen
Der Deutsche Hospiz- und PalliativVerband (DHPV) begrüßte die Änderung der Apothekenbetriebsordnung. Sie sei eine „Weichenstellung“ für eine Verbesserung der Versorgung schwerstkranker und sterbender Menschen. „Damit werden die Bedingungen für ein Sterben zu Hause deutlich verbessert“, so der DHPV in einer Presseaussendung vom 03.02.12. Für eine entsprechende Regelung hat sich der DHPV gemeinsam mit seinen Partnern intensiv eingesetzt. Die Bundesregierung habe mit der Novelle einen „wichtigen Schritt in die richtige Richtung“ getan. „Jetzt müssen weitere Schritte in der Umsetzung folgen“, so Dr. Birgit Weihrauch, Vorstandsvorsitzende des DHPV.
Der Deutsche Hospiz- und PalliativVerband ist Dachverband von über 1.000 Hospizvereinen und Palliativeinrichtungen mit inzwischen rund 80.000 Ehrenamtlichen und zahlreichen hauptamtlich Engagierten. Er vertritt deren Interessen und die Belange der schwerstkranken und sterbenden Menschen gegenüber Politik und Gesundheitswesen.
Bundesärztekammer (BÄK) erfreut über den Vorstoß
Auch die Bundesärztekammer (BÄK) zeigte sich erfreut über den Vorstoß. „Wir begrüßen die Initiative der Bundesregierung, durch eine begrenzte Öffnung des Dispensierrechts für Ärzte die Behandlung von Schmerzpatienten in der ambulanten Palliativversorgung zu verbessern“, sagte Bundesärztekammer-Präsident Dr. Frank Ulrich Montgomery in einer Pressemitteilung. Bisher begehen Palliativmediziner laut BÄK mit der Überlassung eines Betäubungsmittels nach dem Betäubungsmittelgesetz eine strafbare Handlung. Diese kann mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden. „Das ist ein völlig unverhältnismäßiges Sanktionsmittel“, erklärte Montgomery.
Die Bundesärztekammer hatte zuletzt in ihrer Stellungnahme zum Referentenentwurf für ein Zweites Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften gefordert, dass „Ärzte ihrem Patienten aus Sorge um seine Gesundheit sowie zur Sicherstellung der eingeleiteten Behandlung überbrückend ein Betäubungsmittel zur eigenständigen Einnahme überlassen [können], wenn dieses nicht vom Patienten mittels einer ärztlichen Verschreibung über eine Apotheke in angemessener Zeit und unter angemessenen Umständen besorgt werden kann“. Die strafrechtliche Drohung behindere die Ärzte in der Versorgung ihrer Patienten, so der Ärztekammerchef.