12.06.11: AKG-Härterichtlinienänderung für NS-Euthanasie-Geschädigte: Ausführende Behörde verweigert Auszahlung von beschlossenen laufenden Leistungen
„Euthanasie“-Geschädigten wird von der ausführenden Behörde die Auszahlung von beschlossenen laufenden Leistungen verweigert. Dies teilten zahlreiche Betroffene der Arbeitsgemeinschaft Bund der „Euthanasie“-Geschädigten und Zwangssterilisierten (AG BEZ) mit. Wie die AG BEZ in einer Pressemitteilung vom 8. Juni 2011 ausführte, beschloss der Deutsche Bundestag symbolträchtig am 27. Januar 2011 für die in der NS-Zeit Zwangssterilisierten und „Euthanasie“-Geschädigten eine monatliche Rente von 291,- Euro. Dass nach ihrer jahrzehntelangen Diskriminierung nun eine Annäherung an die Leistungen für die nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) Entschädigten geschehen sollte, habe diese Opfergruppe hoffen lassen.
Am 1. April 2011 wurde eine AKG-Härterichtlinienänderung im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Die Zwangssterilisierten erhalten zwischenzeitlich ihre erhöhte monatliche Entschädigungsleistung. Doch bei den „Euthanasie“-Geschädigten, zum Beispiel den Kindern der durch die „Euthanasie“ in der NS-Zeit ermordeten Eltern, erfolge jetzt eine erneute Ausgrenzung durch das Ministerium, bzw. durch die ausführende Behörde, indem sie „Euthanasie“-Geschädigten die Zahlung der beschlossenen laufenden Leistung verweigert, kritisierte die AG BEZ.
Nur Überlebende der Mordaktionen haben laut Ministerium und ausführender Behörde monatlichen Leistungsanspruch
Nur Überlebende der Mordaktionen – das mögen der Arbeitsgemeinschaft zufolge höchsten noch fünf bis zehn Menschen sein – haben laut Ministerium und ausführender Behörde einen monatlichen Leistungsanspruch. Obwohl es in den Richtlinien bezüglich der Kinder grundsätzlich heißt, Voraussetzung für eine Leistung sei ihre Schädigung durch „Euthanasie“-Verbrechen, werden sie in der aktuellen Härterichtlinie nicht als „Euthanasie“-Geschädigte anerkannt. Den hoch betagten Antragstellern habe man mehrseitige Formulare geschickt, in denen sie ihre finanziellen Verhältnisse offen legen mussten, um dann zu erfahren, dass sie keine Rente erhalten, so die AG BEZ.
„Diese Handhabung ist eine Verunsicherung und Beleidigung der Opfer und eine erneute Diskriminierung der Kinder der Ermordeten“, erklärte Margret Hamm für die Arbeitsgemeinschaft Bund der „Euthanasie“-Geschädigten und Zwangssterilisierten. „Von den weit über tausend Mitglieder zählenden Opfern unseres Bundes lebt noch ein Opfer, das die Mordaktion lebend überstanden hat! Von den hoch traumatisierten Kindern der Ermordeten – der ca. 300.000 „Euthanasie“-Opfer – weist die Statistik des Bundesministeriums der Finanzen bis zum Jahr 2005 nur 269 jemals gestellte Anträge aus“, so Hamm.
„Warum werden Regelungen und Richtlinienänderungen an symbolträchtigen Gedenktagen im Parlament beschlossen, wenn das Ministerium und die ausführende Behörde sie nicht im Sinne der Opfer umsetzen? Ein solches Verhalten ist keine Würdigung der Opfer, sondern ein politischer Schandfleck. Wir erwarten, dass die angekündigten Zahlungen an alle „Euthanasie“-Geschädigten erfolgen“, erklärte Margret Hamm abschließend.
Die Arbeitsgemeinschaft BEZ unterstützt die Opfer des in der NS-Zeit 1933 erlassenen „Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“, auch bekannt als Erbgesundheitsgesetz. Sie leisten betreuende Hilfe für die Opfer z.B. bei Anträgen und Behördenangelegenheiten, forschen in Archiven nach Beweisunterlagen und engagieren sich politisch gegen die damals erlittene Verfolgung.