03.04.11: Widerstand: Hessische Ärzteschaft und Ärztekammer Westfalen-Lippe gegen geänderte Grundsätze der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung

Die Delegiertenversammlung der hessischen Ärzteschaft hat die Mitwirkung des Arztes bei einer beabsichtigten Selbsttötung eines Patienten grundsätzlich ausgeschlossen. Damit haben die Ärztevertreter die geänderten Grundsätze der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung in der vorgelegten Fassung vom Februar 2011 abgelehnt. Dies erklärte die Landesärztekammer Hessen in einer Pressemitteilung vom 26.03.11. Eine Differenzierung der „verschiedenen und differenzierten individuellen Moralvorstellungen von Ärzten in einer pluralistischen Gesellschaft“, sei aus ärztlicher und ethischer Sicht problematisch.

Die hessischen Delegierten begründeten ihre Haltung damit, dass die neue Grundsatzformulierung, „Die Mitwirkung des Arztes bei der Selbsttötung ist keine ärztliche Aufgabe“, impliziere, dass die Mitwirkung beim Suizid eine zwar nicht ärztliche, aber private, individuelle Aufgabe sein könnte. Die Delegierten betonten, dass es ein entscheidender Unterschied sei, ob Ärztinnen und Ärzte Patienten am Ende des Lebens begleiten, d.h. behandeln und trösten, wie es ihre Aufgabe ist, anstatt ihnen zu einem selbst herbeigeführten Tod verhelfen.

Auch Ärztekammer Westfalen-Lippe gegen ärztliche Beihilfe zur Selbsttötung

Unterdessen hat sich auch die Kammerversammlung der Ärztekammer Westfalen-Lippe in einer Resolution gegen die ärztliche Beihilfe zum Suizid ausgesprochen. Demnach lehnen die Vertreter der westfälisch-lippischen Ärztinnen und Ärzte die ärztliche Beihilfe zur Selbsttötung ausdrücklich ab, teilte die Landesärztekammer am 02.04.11 in einer Presseaussendung mit.

„Die Mitwirkung des Arztes bei der Selbsttötung widerspricht den ethischen Grundsätzen unseres ärztlichen Selbstverständnisses“, sagte Kammerpräsident Dr. Theodor Windhorst. Die Grundsätze zur ärztlichen Sterbebegleitung der Bundesärztekammer müssten daher überarbeitet werden, so die Resolution weiter. Das ärztliche Handeln diene der Linderung von Leiden und dem Beistand Sterbender. Dies gelte umso mehr in Kenntnis leidvoller und schwer zu ertragender Krankheits- und Sterbeumstände. „Schwerstkranke und sterbende Patientinnen und Patienten bedürfen ärztlicher Hilfe wie auch gesellschaftlicher Unterstützung. Auf der Gewissheit dieser Hilfe beruht das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient“, erklärte Windhorst:

Klare Positionieruzng der beiden Kammern vor dem 114. Deutschen Ärztetag

Mit ihren Beschlüssen haben sich die Kammern klar vor dem Ende Mai in Kiel stattfinden 114. Deutschen Ärztetag positioniert. Dort steht auch eine Novellierung einzelner Bestimmungen der (Muster-)Berufsordnung auf der Tagesordnung. Dabei geht es u. a. um den Beistand für Sterbende, geregelt in Paragraf 16 und eine mögliche Änderung hin zur ärztlichen Suizidbegleitung. Im Vorfeld des Ärztetages stehen auch bei anderen Landesärztekammern Versammlungen an. Ob und welche Kammern sich zu dem Thema ebenfalls positionieren werden, ist noch unklar.

Die Bundesärztekammer erntete bereits bei der Vorstellung ihrer überarbeiteten Grundsätze am 17. Februar 2011 massive Kritik an ihrem Richtungswechsel, u. a. von der Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung und Ärzte für das Leben e.V. Es bleibt abzuwarten, wie andere Landesärztekammern mit der Richtlinie umgehen. Die „Grundsätze der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbegleitung“ haben jedoch keine rechtliche Bindekraft sondern sind lediglich eine Art Orientierungshilfe für ärztliches Handeln.

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