08.05.10: Neuer Versuch: Rheinland-Pfalz bringt Gesetzentwurf zur Strafbarkeit der Werbung für Suizidbeihilfe ein
Rheinland-Pfalz hat einen Gesetzentwurf zur Strafbarkeit der Werbung für Suizidbeihilfe in den Bundesrat eingebracht, der erstmals am 7. Mai 2010 behandelt wurde. Mit dem Gesetzentwurf sollen solche Werbemaßnahmen erfasst werden, die „grob anstößig“ oder allein auf kommerzielle Gewinnerzielung ausgerichtet sind.
„Es ist mit dem Menschenbild des Grundgesetzes nicht vereinbar, wenn Menschen in verzweifelten Lebenssituationen durch entsprechende Werbung geradezu zum Suizid ermutigt werden, indem ihnen vermeintlich leichte Wege vom Leben zum Tod aufgezeigt werden. Hier wird die Ausweglosigkeit von Menschen schamlos zu eigenen Zwecken ausgenutzt. Dem wollen wir einen Riegel vorschieben“, erklärte der rheinland-pfälzische Justizminister Heinz Georg Bamberger (SPD) in einer Pressemitteilung zur Vorstellung der Gesetzesinitiative im Bundesrat.
Eigenen Straftatbestand zum Verbot der Werbung für Suizidbeihilfe schaffen
Derartige Werbemaßnahmen gefährdeten zudem ganz besonders die natürliche Achtung vor dem menschlichen Leben. Dies, weil sie die Selbsttötung zu etwas ganz Alltäglichem, ja sogar geradezu zu einer Handelsware herabwürdigten, so der Minister. Das wiederholte öffentliche Werben gerade von Konstrukteuren sogenannter „Selbsttötungsmaschinen“, wie sie der frühere Hamburger Justizsenator Roger Kusch bereits vorgestellt hatte, sei „unerträglich.“ „Um derartigem Treiben Einhalt zu gebieten, ist es erforderlich, einen eigenen Straftatbestand zum Verbot der Werbung für Suizidbeihilfe zu schaffen, der die Werbung für die Suizidbeihilfe unter Strafe stellt“, bekräftigte Bamberger.
Im Bundesrat dreht sich die Diskussion um Suizidbeihilfe seit mittlerweile vier Jahren im Kreis. Hintergrund sind u.a. die Machenschaften von Roger Kusch, der durch mehrere Fälle von Suizidbegleitung seit dem Sommer 2008 wiederholt bundesweit für Aufsehen sorgt. Die Bundesländer ringen daher immer wieder um ein Verbot gewerblicher und organisierter Sterbehilfe, bislang jedoch erfolglos. Unter anderem hatte der Bundesrat im Juli 2008 lediglich in einer Entschließung gewerbliche Beihilfe zur Selbsttötung verurteilt.
Nach deutschem Strafrecht ist die Suizidbeihilfe straflos, nachdem selbst der Suizid und der Suizidversuch strafrechtlich nicht geahndet werden können. Daran will der vorliegende Gesetzentwurf aus Rheinland-Pfalz nichts ändern. „Unberührt von dem Gesetzentwurf und der vorgeschlagenen Strafvorschrift bleiben ausdrücklich palliativmedizinische Maßnahmen, die einen völlig anderen Ansatz, nämlich der Sterbegleitung, nicht aber der Suizidbeihilfe verfolgen. Unberührt bleiben auch sachliche Informationen, denen der werbende Charakter fehlt und die nicht zum Zwecke des eigenen Vermögensvorteils für geleistete oder zu leistende Suizidbeihilfemaßnahmen erfolgen“, heißt es in der Presserklärung. Der Gesetzentwurf wurde vom Bundesrat weiter an die Ausschüsse überwiesen.
Inflation an gescheiterten Gesetzesentwürfen
Kritik an dem Gesetzentwurf übte die Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung. Werbung für Suizidbeihilfe zu verbieten bringe nichts. Die „Inflation an gescheiterten Gesetzesentwürfen“ zeige, dass die Regierungskoalition die Debatte jetzt in den Bundestag holen muss. „Organisierte Suizidbeihilfe als solche gehört unter Strafe gestellt. Die Werbung zu verbieten, verfehlt das Ziel“, erklärte der Geschäftsführende Vorstand der Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung, Eugen Brysch, in einer Presseaussendung.
Der Gesetzentwurf sieht vor, Reklame für Suizidbeihilfe zu untersagen, wenn diese eines „Vermögensvorteils wegen oder in grob anstößiger Weise“ geschieht. „Wir brauchen in der öffentlichen Diskussion kein Sprachverbot, sondern einen Riegel gegen das Geschäftemachen mit der Tötungshilfe. Denn organisierte Suizidbeihilfe ist keine Ergänzung oder Fortführung von Sterbebegleitung, sondern die Entsolidarisierung von schwerstkranken und sterbenden Menschen“, hielt Brysch fest.
„Es herrscht eine Inflation an gescheiterten Gesetzesvorschlägen. Initiativen unter anderem von Hessen, Thüringen, dem Saarland, Bayern und Baden-Württemberg sind in Ausschüssen versandet, dem rheinland-pfälzischen Vorschlag wird es wohl nicht anders ergehen“, erklärte Brysch. „Den Bürgern wird so eine nicht enden wollende Posse zugemutet, die zu Lasten der Betroffenen geht. Die Regierungskoalition muss das Verbot der organisierten Suizidbeihilfe endlich entschlossen angehen. Der Bundestag ist der einzig richtige Ort für die Auseinandersetzung. Da muss Farbe bekannt werden“, forderte Brysch.
Ergänzende Informationen:
- Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuches – Strafbarkeit der Werbung für Suizidbeihilfe (StRÄndG)
Gesetzesantrag des Landes Rheinland-Pfalz
Bundesrat Drucksache 149/10, 23.03.10 (PDF-Format)