Patientenverfügung

02.09.10: Ein Jahr Patientenverfügungsgesetz: Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung drängt auf Nachbesserungen

02.09.10: Ein Jahr Patientenverfügungsgesetz: Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung drängt auf Nachbesserungen

Am 1. September vor einem Jahr trat das Patientenverfügungsgesetz in Kraft, mit dem die Voraussetzungen von Patientenverfügungen und ihre Bindungswirkung eindeutig im Gesetz bestimmt werden. (Siehe das Themenspecial vom 29.08.09 unten). Die Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung hat hierzu eine erste Bilanz gezogen und Nachbesserungen an den Regelungen gefordert.

„Das Grundproblem ist, dass hohe gesetzliche Anforderungen an Vorsorgedokumente gestellt werden, ohne den Menschen dabei zu helfen, diese Ansprüche zu erfüllen“, erklärte der Geschäftsführende Vorstand der Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung, Eugen Brysch, am 31. August 2010. Die Politik habe gute Arbeit geleistet, was die Schriftlichkeit von Patientenverfügungen angeht: Sie müssen laut Gesetz konkret und detailliert sein. Damit wird klar gestellt, dass auf die Schnelle ausgefüllte Musterformulare, in denen etwa künstliche Ernährung generell ausgeschlossen werden soll, nicht ausreichen.

„Da aber gleichzeitig keine individuelle Beratung beim Verfassen von Patientenverfügungen vorgeschrieben ist, erleben wir in der Praxis regelmäßig schwere Konflikte“, erklärte Brysch. Verfügungen, die ohne Beratung entstanden sind, genügten in den seltensten Fällen den hohen gesetzlichen Ansprüchen und können deshalb nicht umgesetzt werden, so sein Fazit. „Hier hat die Politik nahezu fahrlässig gehandelt und steht nun in der Verantwortung, die Menschen nicht länger allein zu lassen.“

Unklarheiten bei Ermittlung des mutmaßlichen Willens

Auch bei der Ermittlung des mutmaßlichen Willens muss nach Ansicht der Stiftung dringend nachgebessert werden. Auf ihn kommt es an, wenn – wie in den meisten Fällen – keine oder keine hinreichend genaue Patientenverfügung vorliegt. „Das Gesetz geht hier noch nicht genügend in die Tiefe. Damit der Patientenwille nicht zum Spielball fremder Interessen wird, sind eindeutigere Regelungen nötig“, forderte Brysch. „Denn es muss klar sein: Dass auf bloßen Verdacht hin lebenserhaltende Maßnahmen beendet werden, darf nicht sein.“

Mit Einführung des Patientenverfügungsgesetzes im vergangenen Jahr hat auch die von der Deutschen Hospiz Stiftung betriebene Schiedsstelle Patientenverfügung ihre Arbeit aufgenommen. An sie können sich sowohl Ärzte als auch Angehörige wenden, wenn es bei der Auslegung einer Patientenverfügung zu Meinungsverschiedenheiten kommt. Die Schiedsstelle ist bundesweit unter der Telefonnummer 02 31 / 7 38 07 – 30 zu erreichen oder im Internet unter http://www.die-schiedsstelle.de. Für die Leistungen der Schiedsstelle werden keinerlei Gebühren erhoben.

Kritik von Bundesärztekammer-Präsident

Auch der Präsident der Bundesärztekammer, Prof. Dr. Jörg-Dietrich Hoppe, zog eine kritische Bilanz zum Patientenverfügungsgesetz. „Wichtig ist, dass dem Verfassen einer solchen Patientenverfügung eine ärztliche Beratung vorausgeht. Das Patientenverfügungsgesetz in seiner derzeitigen Fassung bietet hier jedoch wenig Hilfestellung, weil konkrete Regelungen für eine ärztliche Beratung fehlen“, kritisierte Hoppe in einem Statement auf der Webseite der Bundesärztekammer.

Zwar könne der Arzt dem Patienten die oftmals schwierige und als belastend empfundene Entscheidung über das Ob und Wie einer vorsorglichen Willensbekundung nicht abnehmen, wohl aber Informationen für das Abwägen der Entscheidung. „Der Arzt kann über die medizinisch möglichen und indizierten Behandlungsmaßnahmen informieren, auf die mit Prognosen verbundenen Unsicherheiten aufmerksam machen und über seine Erfahrungen mit Patienten berichten, die sich in vergleichbaren Situationen befunden haben“, so Hoppe.

„Der in einer Patientenverfügung geäußerte Wille ist grundsätzlich verbindlich und Grundlage ärztlichen Handelns. Für uns Ärztinnen und Ärzte steht außer Frage, dass jede medizinische Behandlung unter Wahrung der Menschenwürde und unter Achtung der Persönlichkeit, des Willens und der Rechte der Patienten, insbesondere des Selbstbestimmungsrechts, zu erfolgen hat. Dies gilt in gleichem Maße für im Voraus geäußerte Willensbekundungen eines Patienten“, betonte der Ärztekammerpräsident.

Eine grundlegende Orientierung im Umgang mit vorsorglichen Willensbekundungen geben die Bundesärztekammer und die Zentrale Ethikkommission bei der Bundesärztekammer in ihren Empfehlungen zum Umgang mit Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung.

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