01.10.10: Anstehende richtungsweisende EU-Entscheidung: Europarats-Ausschuss plant Beschränkung der ärztlichen Gewissensfreiheit
Im Plenum der Parlamentarischen Versammlung des Europarates steht am 7. Oktober 2010 in Straßburg eine biopolitisch richtungsweisende Entscheidung an. Konkret geht es um den sogenannten McCafferty-Bericht vom 10. Juli 2010, der bereits im Gesundheitsausschuss behandelt wurde. Der Bericht sieht für die 47 Mitgliedstaaten vor, dass künftig die ärztliche Gewissensfreiheit in ethisch umstrittenen Situationen beschränkt werden soll, etwa bei Abtreibungen, Sterbehilfe und Suizidbeihilfe.
Mit der Einschränkung der Gewissensfreiheit solle ein „Gleichgewicht zwischen dem persönlichen Recht auf Gewissensentscheidungen und dem Recht der Patienten auf die gesetzlich zulässige Versorgung geschaffen werden.“ Dabei soll das Recht auf Gewissensentscheidung immer nur den Medizinern im konkreten Einzelfall – mit diversen Ausnahmeregelungen – zustehen, nicht aber für öffentliche und staatliche Einrichtungen wie etwa Kliniken insgesamt gelten.
Ärzte für das Leben e.V. warnt vor Zustimmung zum McCafferty-Bericht
Der Verein „Ärzte für das Leben e.V.“ hat in einem Brief vom 28. September 2010 an den Präsident der Deutschen Delegation der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, Herrn Joachim Hörster, eindringlich davor gewarnt, dem Bericht zuzustimmen.
„Wer die Tötung von Menschen, sei es bei rechtswidrigen Abtreibungen, reproduktiven Technologien, assistiertem Suizid oder der Tötung auf Verlangen in die Hände des Arztes oder eines Krankenhauses zu zwingen versucht, degradiert den Heilberuf zur Dienstleistung. Viel schlimmer noch: er missachtet die Berufsautonomie, stört die zwischenmenschliche Vertrauensbasis, macht das Töten Hilfloser zur medizinischen Berufsaufgabe und öffnet den Weg in die Gesinnungsdiktatur“, so der Ärzte-Verein. Die unterzeichnenden Mitglieder der „Ärzte für das Leben e.V.“ protestieren daher aufs schärfste gegen diesen „Angriff auf den freien Arztberuf und das ärztliche Berufsethos“.
Wegen der Weisungsunabhängigkeit von nicht-ärztlichen Dritten in fachlichen und medizinischen Fragen habe der Arzt seinem Gewissen zu folgen. „Das gereifte Gewissen fordert vom tätigen Arzt Handlungsfreiheit in Verantwortung für sich und andere. Gewissen ist weder persönlicher noch beruflicher Luxus, sondern die Mitte menschlicher Entscheidung überhaupt, somit auch und gerade der ärztlichen Berufsausübung, wo es zu allererst um das salus aegroti, d.h. um das Heil des Kranken in allen Phasen des Lebens geht“, so der Verein in seiner Erklärung.
„Die individuelle Autonomie des Arztes in der Wahrnehmung dieser seiner Berufspflicht zu schützen, ist vorrangige Verpflichtung jeglicher Demokratie somit auch des politischen Europa als überstaatlichem politischem Raum“, mahnen sie. „Ärzte für das Leben“ fordern daher die Parlamentarier auf, sich bei der Abstimmung „ihrer historischen Verpflichtung bewusst zu sein und den Arztberuf als freien Beruf zu erhalten, (…) die Herabwürdigung zu einem Dienstleistungsgewerbe zu verhindern und die Verwendung von Ärzten zur Durchsetzung angeblich humaner, tatsächlich jedoch ideologischer Ziele unterbinden.“
Protestaufruf
Wer gegen den zur Abstimmung stehenden Bericht protestieren möchte, findet unten weitere Hintergrundinformationen. Auf der Webseite des Deutschen Bundestages gibt es zudem die Namen und Anschriften der zuständigen Abgeordneten in der Parlamentarischen Versammlung. Wegen der verbleibenden kurzen Zeit bis zur Abstimmung ist eine Kontaktaufnahme per Mail oder Fax empfehlenswert. Direkte E-Mail-Adressen und Fax-Nummern finden sich dort über die Webseiten der einzelnen Abgeordneten.
Weitere Informationen:
- Women’s access to lawful medical care: the problem of unregulated use of conscientious objection
Report Social, Health and Family Affairs Committee
Rapporteur: Ms Christine McCAFFERTY, United Kingdom, Socialist Group
Doc. 12347, 20 July 2010 (PDF-Format)
- McCafferty-Bericht für Europarat will Gewissen vergewaltigen
„Europa für Christus“ ruft zum Widerstand gegen Nötigung zur Beteiligung an Abtreibung, Euthanasie oder Selbsttötung auf
MEDRUM 22.09.10
- Deutsche Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung des Europarates
- Ärzte für das Leben e.V.