31.08.07: Neuer Pflegequalitätsbericht: Anhaltender Pflegenotstand in Deutschland
In deutschen Pflegeheimen gibt es nach wie vor erhebliche Missstände. Dies bemängeln der Medizinische Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen (MDS) und die Spitzenverbände der Pflegekassen in ihrem zweiten Bericht zur „Qualität in der ambulanten und stationären Pflege“ für die Jahre 2004 bis 2006. Der Bericht wurde am 31.08.07 vorgestellt.
Die Qualität der ambulanten und stationären Pflege habe sich zwar seit der Veröffentlichung des ersten Pflegequalitätsberichts im Jahr 2003 verbessert und die Pflegeeinrichtungen hätten erkennbare Anstrengungen unternommen, um die Pflegequalität weiterzuentwickeln. Es gebe aber nach wie vor zum Teil „erhebliche Qualitätsdefizite und deshalb deutlichen Handlungsbedarf“, heißt es in einer gemeinsamen Pressemitteilung vom selben Tag.
Laut dem Gutachten gibt es bei den betreuten Pflegebedürftigen bei knapp 30 Prozent (2003: 37 Prozent) im ambulanten Bereich und ca. 34 Prozent (2003: 41 Prozent) im stationären Bereich Defizite bei der Ernährungs- und Flüssigkeitsversorgung. Die festgestellten Mängel seien nicht gleichbedeutend mit einer bereits eingetretenen Unterversorgung, sondern zeigen an, dass pflegerische Standards nicht erfüllt waren.
Bei den pflegerischen Maßnahmen zur Vorbeugung von Druckgeschwüren (Dekubiti), bei der Inkontinenzversorgung und bei der Betreuung von Menschen mit Demenz war dies ähnlich. So bei zehn Prozent der untersuchten Heimbewohner (2003: 17,4 Prozent) stellten die Gutachter des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) allerdings gesundheitliche Schädigungen und damit einen akut unzureichenden Pflegezustand fest.
Im ambulanten Bereich war nach den Feststellungen des Medizinischen Dienstes der Pflegezustand bei immerhin noch 5,7 Prozent der untersuchten Pflegebedürftigen unzureichend. Demgegenüber waren es 8,8 Prozent im Jahr 2003. Beim Pflegezustand geht es u. a. um grundlegende Kriterien wie Hautzustand, Mundzustand und die Versorgung mit Sonden, Kathetern und Inkontinenzprodukten.
Externe Qualitätsprüfungen weiter nötig
Die Ergebnisse des übergreifenden MDS-Prüfberichts hätten deutlich gemacht, dass externe Qualitätsprüfungen weiter nötig seien. Ein wichtiger Schritt zu mehr Transparenz und Verbraucherschutz wäre die Offenlegung der MDK-Prüfergebnisse. Diese Veröffentlichung sei derzeit aus rechtlichen Gründen nicht möglich. Daher fordern die Spitzenverbände der Pflegekassen und MDS die Politik auf, die Weichen dafür zu stellen, dass zukünftig die Prüfergebnisse des MDK, aber auch die der Heimaufsichten in verständlicher Form – für Laien – veröffentlicht werden können.
Der Geschäftsführer der Deutschen Hospiz Stiftung, Eugen Brysch, erklärte in einer Pressemitteilung zu dem Bericht: „Wenn mehr als 3 von 10 Deutschen lieber Suizid begehen wollen, als zum Pflegefall zu werden, ist das ein dringender Appell an die Politik zu handeln.“ Das sei angesichts der heutigen Medienberichterstattung über skandalöse Zustände in deutschen Pflegeheimen nicht verwunderlich.
Der MDS gibt alle drei Jahre einen umfassenden Bericht zur Situation und zur Entwicklung der Pflegequalität bei häuslicher Pflege und in Pflegeheimen ab. Der jetzt vorgestellte Bericht bezieht sich auf die Jahre 2004 bis 2006. Dabei stützt er sich auf die Auswertung der Daten aus 3.736 Qualitätsprüfungen in ambulanten Pflegediensten und aus 4.215 Qualitätsprüfungen in stationären Pflegeeinrichtungen. Damit legt die Untersuchung Prüfergebnisse aus 31,1 Prozent aller ambulanten Pflegedienste und 41,6 Prozent aller Pflegeheime vor.
Ergänzende Informationen:
- 2. Bericht des MDS nach § 118 Abs. 4 SGB XI Qualität in der ambulanten und stationären Pflege
212 Seiten im PDF-Format, veröffentlicht 31.08.2007