29.11.07: Sterbehilfe-Debatte: Weiter Wirbel um Dignitas

29.11.07: Sterbehilfe-Debatte: Weiter Wirbel um Dignitas

Auch in dieser Woche ging die Debatte um die Schweizer Sterbehilfe-Organisation Dignitas und deren deutschem Ableger Dignitate weiter. In der ARD-Talkshow „Anne Will“ zum Thema „Der organisierte Tod: Geschäft oder Gnadenakt?“ am 25.11.07 berichtete die frühere stellvertretende Geschäftsführerin von Dignitas Schweiz, Soraya Wernli über die dubiosen Praktiken ihres früheren Arbeitgebers Ludwig A. Minelli.

So habe die Organisation keineswegs nur unheilbar kranken Patienten, sondern auch psychisch Kranken beim Freitod geholfen, erklärte sie. Zudem habe Dignitas zweimal sogar aktive Sterbehilfe geleistet, in beiden Fällen ermittle jetzt die Staatsanwaltschaft in Zürich. Minelli wies alle Anschuldigungen zurück, wurde jedoch offenkundig der Lügen überführt. Mehr dazu unten in einem Welt-Artikel vom 26. bzw. 27. November 2007.

In einem Interview mit dem Deutschlandradio am 30.11.07 hat der Dignitate-Vize-Chef und Berliner Arzt Uwe-Christian Arnold noch einmal ausführlich die Pläne für einen Präzedenzfall zum ärztlich assisterten Suizid in Deutschland erläutert. Ziel sei es, die derzeitige deutsche Rechtslage gerichtlich überprüfen zu lassen.

Denkwürdiges Verständnis vom Arztberuf

Im Interview offenbarte Arnold sein Verständnis vom Arztberuf. Gefragt, wie ein Mediziner es mit dem eigenen Auftrag und Gewissen vereinbaren kann, einem Menschen dabei zu helfen, sich zu töten antwortete er: „Wissen Sie, Mediziner sind ja nicht alle gleich, sie machen ja unterschiedliche Dinge. Wenn Sie sehen, ein Frauenarzt, der Schwangerschaftsabbrüche macht, der bewegt sich auf einem ganz anderen Parkett als der Hausarzt, der Grippe behandelt. Und das Gleiche ist auch am Lebensende. Ich denke einfach, dass es Ärzte geben muss, die am Lebensende helfen. Wie sie helfen, das ist eine andere Sache. So, wie es am Anfang des Lebens einen Geburtshelfer gibt, muss es auch einen Sterbehelfer geben.“

Zur Ethik in seinem Verständnis seines Berufes berief sich Arnold auf das Genfer Weltärztegelöbnis und die darin u.a. enthaltene Verpflichtung, seine Tätigkeit im Sinne der Menschlichkeit auszuführen. „Und ich denke, Menschen beim Sterben zu helfen und auch zum Sterben zu helfen, ist durchaus eine menschliche Tätigkeit“, so der Dignitate-Stellvertreter. Das ausführliche Interview finden Sie unten.

Am 28.11.07 hat sich der Schweizer Bundesrat vor dem Hintergrund der Debatte über Dignitas und deren Suizidbegleitung Sterbewilliger aus dem Ausland weiterhin gegen eine Bundesaufsicht über Sterbehilfe und Sterbetourismus ausgesprochen. Zur Begründung für die Ablehnung eines vorangegangenen Vorstoßes hieß es in der schriftlichen Erklärung, nach Meinung des Bundesrates können die von einer Aufsichtsgesetzgebung zu verfolgenden Ziele, nämlich die Verhinderung und Aufdeckung von Missbräuchen, bereits durch die konsequente Nutzung der bestehenden gesetzlichen Kontroll- und Interventionsmöglichkeiten erreicht werden.

Der Bundesrat rate zudem auch deshalb von einer Bewilligungs- und Aufsichtsregelung ab, weil den Suizidhilfeorganisationen dadurch eine Art staatliches Gütesiegel ausgestellt würde, was die Praxis der Suizidhilfe und damit auch den Sterbetourismus erst recht fördern würde.

Ergänzende Informationen:

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