27.10.07: Sterbehilfe-Vorstoß: Dignitas will deutsche Rechtslage mittels Präzedenzfall klären

27.10.07: Sterbehilfe-Vorstoß: Dignitas will deutsche Rechtslage mittels Präzedenzfall klären

Durch einen juristischen Präzedenzfall will die umstrittene Schweizer Sterbehilfe-Organisation Dignitas erreichen, dass Suizidbegleitung in Deutschland künftig straffrei bleibt. Zum durchexerzieren eines Musterprozesses suche man im Großraum Berlin nach einer sterbewilligen Person, die selbst und deren Angehöre bereit seien, eine Strafverfolgung einzugehen, sagte der Dignitas-Vorsitzende Ludwig A. Minelli laut Berliner Zeitung in der Online-Ausgabe vom 22.10.07. Etwaige entstehende Kosten werde Dignitas übernehmen.

Ziel des Vorhabens sei es, die in Deutschland geltende Rechtslage dahingehend zu ändern, dass sich nicht mehr jemand strafbar mache, der einem todkranken Menschen beim Suizid assistiert. Bislang besteht in Deutschland die Pflicht zur Rettung des Betroffenen, d.h. ein anwesender Arzt muss Maßnahmen zur Wiederbelebung einleiten, andernfalls macht er sich strafbar. „Das deutsche Recht zwingt somit dazu, Suizidwillige beim Sterben allein zu lassen“, so Minelli. Das sei „menschenunwürdig“.

Des weiteren wolle man erreichen, dass das für die Selbsttötung in der Schweiz verwendete Medikament Natrium-Pentobarbital in Deutschland zugelassen wird. Laut dem Berliner Arzt Uwe-Christian Arnold, Vizevorsitzender von Dignitate, dem deutschen Ableger der Schweizer Organsiation, hoffe man, dass die Richter in der Region Berlin beim Thema Freitod-Begleitung aufgeschlossener seien.

Kritik an dem Vorhaben

Scharfe Kritik an dem Dignitas-Vorhaben kam von der Deutschen Hospiz Stiftung. Nun sei dringend die Politik gefragt, hieß es in einer Pressemitteilung vom 23.10.08. Bereits im April 2006 wurde eine Gesetzesinitiative gegen das Geschäftemachen beim Vermitteln von assistiertem Suizid in den Bundesrat eingebracht. „Hessen, Thüringen und das Saarland verfolgten einen guten Ansatz. Es ist höchste Zeit, dieses Ziel voranzutreiben. Wir brauchen endlich ein Verbot des Geschäftemachens mit dem Tod“, erklärte der Geschäftsführer der Deutschen Hospiz Stiftung, Eugen Brysch.

Als gefährlich sei außerdem der Vorstoß von Dignitas einzustufen, das Betäubungsmittelgesetz aufzuweichen, um das in Deutschland verbotene Tötungsmittel zuzulassen. Die Missbrauchsgefahr, die in einer solchen Aufweichung liege, sei enorm. Dies habe man zuletzt im Januar diesen Jahres am Fall eines Wuppertaler Studenten sehen können, der den Tod von sechs Menschen durch den Internet-Vertrieb von Tod bringenden Mitteln verursachte.

„Es kann nicht darum gehen, Schwerstkranken nur den Tod als Lösung anzubieten. Es muss vielmehr darum gehen, ihnen ein menschenwürdiges Leben bis zuletzt zu ermöglichen. Die Politik hat mit einer Stärkung der Rechte von Schwerstkranken und Sterbenden jüngst einen guten Weg eingeschlagen. Eine Organisation wie Dignitas dagegen befindet sich auf dem Holzweg“, so Brysch.

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