25.07.07: Neonazi-Opfer Noël Martin: Geburtstagsfeier statt Sterbehilfe
Noël Martin, der gebürtige Jamaikaner, der 1996 von zwei jugendlichen Neonazis in Mahlow in Brandenburg zum Pflegefall gemacht wurde, hat seinen geplanten Freitod vorübergehend verschoben und am 23. Juli in Birmingham seinen 48. Geburtstag gefeiert. An diesem Tag wollte der seit dem Übergriff ab dem Hals Querschnittgelähmte mit Hilfe der Sterbehilfe-Organisation Dignitas in der Schweiz sein Leben beenden. Laut Medienberichten müssten jedoch zuvor noch letzte bürokratische private Dinge geregelt werden.
Noël Martin wurde vier Jahre lang zu Hause in Birmingham von seiner langjährigen Freundin Jacqueline gepflegt, bis diese 2000 an einer Krebserkrankung verstarb. Seit 2001, nach seiner Rückkehr nach Mahlow, engagierte er sich gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Über den mit Hilfe von Unterstützern gegründeten „Noël- und Jacqueline-Martin-Fonds“ werden Begegnungen zwischen Jugendlichen aus Brandenburg und Birmingham gefördert.
Martin sorgte bereits seit längerem mit seiner Freitod-Ankündigung für Bestürzung. Am 23. April 2007 präsentierte er gemeinsam mit Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck und Bildungsminister Holger Rupprecht seine Autobiographie „Nenn es: mein Leben“, in dem er laut Verlag „Zeugnis gibt von Gewalt und Verzweiflung, aber auch von unbeugsamem Mut und Widerstand.“ Wann Noel Martin seinen Entschluss in die Tat umsetzen wird, sein seiner Ansicht nach „unwürdiges Leben“ zu beenden, ist offen. Das er es tun wird, daran lässt er keinen Zweifel.
Ergänzung Mai 2017: Noël Martin hat seinen Entschluss zu sterben verworfen. Er lebt offenbar bis heute (siehe das letzte Interview im Juni 2016 und die Stiftungswebseite). Gegenteilige Infos wurden nicht gefunden.
Weitere Informationen:
- Noël Martin will gehen
Er wurde in Jamaica geboren, wuchs in England auf und wurde in Deutschland von Neonazis zum Krüppel gemacht. Jetzt will er in die Schweiz zum Sterben. Eine Sterbehilfeorganisation soll ihn von seinen Qualen erlösen.
Interview Von Sacha Batthyany
NEUE ZÜRCHER ZEITUNG 22.07.07
- „Diese beiden Typen überlasse ich Gott“
Am 16. Juni 1996 wurde Noel Martin von Neonazis mit dem Auto durch Mahlow verfolgt. Sein Wagen prallte gegen einen Baum, seither ist er querschnittsgelähmt. 20 Jahre nach der Attacke haben zwei rbb-Reporter ihn in Birmingham besucht und mit ihm über Stärke und Zurückkommen gesprochen – und über die Täter von damals.
RBB 15.06.16
- Noël- und Jacqueline-Martin-Fonds