08.11.07: Unwürdiges Ende in der Schweiz: Dignitas leistet zwei Deutschen Sterbehilfe auf Waldparkplatz

08.11.07: Unwürdiges Ende in der Schweiz: Dignitas leistet zwei Deutschen Sterbehilfe auf Waldparkplatz

Die Schweizer Sterbehilfe-Organisation Dignitas hat erneut mit ihren umstrittenen „Arbeitsweisen“ für Aufsehen gesorgt. Nachdem der Verein nach dem Verlust der Sterbehilfewohnung in Zürich seit September auf der Suche nach geeigneten Orten für den assistierten Suizid Sterbewilliger ist (siehe das Themenspecial vom 05.10.07), wich Dignitas nun auf einem Waldparkplatz nahe Zürich aus. Wie Schweizer Medien berichteten leistete Dignitasmitarbeiter am Montag und Mittwoch vergangener Woche zwei Deutschen im Alter von 50 und 65 Jahren aus Bayern bzw. Baden Württemberg dort in einem Kleinbus Beihilfe zum Suizid.

Sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland stieß dieses einhellig als menschenunwürdig bezeichnete Vorgehen auf heftige Kritik. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft ist das Handeln von Dignitas jedoch nicht strafbar. Jeder könne frei wählen, wo er sterben möchte, sagte Staatsanwalt Jürg Vollenweider Medienberichten zufolge.

Sterbehelfer haben keine Hemmungen mehr

„Keine Suizidwohnungen mehr, keine Hotelzimmer – jetzt geht die Schweizer Sterbehelferorganisation Dignitas auf Parkplätze. Das ist nicht nur unglaublich zynisch, das ist menschenverachtend“, erklärte der Geschäftsführer der Deutschen Hospiz Stiftung, Eugen Brysch, in einer Pressemitteilung vom 07.11.07. „Wie von einer Wahnvorstellung besessen, scheinen die Schweizer Sterbehelfer keine Hemmungen mehr zu haben. Jetzt zeigt sich, was sie wirklich im Sinn haben: einer wahnwitzigen Idee zu folgen und damit Geschäfte zu machen“, mahnte Brysch.

Obwohl die Schweiz versucht, juristisch gegen die Sterbehelfer vorzugehen, finden diese immer wieder ein gesetzliches Schlupfloch. Das Treiben der Schweizer Sterbehelferorganisation, die die geschäftsmäßige Vermittlung von assistiertem Suizid in Deutschland legalisieren will, dürfe nicht sprachlos machen. Jetzt sei politisches und juristisches Handeln gefragt, um den menschenverachtenden Ideen endlich Einhalt zu gebieten, forderte Brysch.

„Professionelle Vermittlung von Sterbehilfe, wie sie der Verein Dignitas praktiziert, ist Geschäftemacherei unter dem Deckmantel der Nächstenliebe“, erklärte Prof. Dr. Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident der Bundesärztekammer, in der Aachener Zeitung vom 08.11.07. „Mit der Methode des assistierten Suizids soll doch nur das Verbot der Tötung auf Verlangen umgangen werden.“ Der Patient habe zwar das Recht auf einen würdigen Tod, nicht aber darauf, getötet zu werden. „Aktive Sterbehilfe lehnen wir Ärzte kategorisch ab“, betonte Hoppe.

Gesetzesinitiative für ein Verbot geschäftsmäßiger Förderung der Selbsttötung

Unterdessen haben sich laut einer Pressemitteilung des Hessischen Justizministeriums bei der Länder-Justizminister-Konferenz von CDU/CSU und FDP, der sog. B-Länder-Justizministerkonferenz, am 08.11.07 in Wolfsburg die Justizminister ebenfalls für ein Verbot der geschäftsmäßigen Vermittlung von Gelegenheiten zur Selbsttötung ausgesprochen.

„Das menschliche Leben darf nicht Gegenstand geschäftsmäßiger Abwicklungsorganisationen werden. Die professionelle Vermittlung vermeintlich einfacher und sicherer Selbsttötungen kann die Hemmschwelle bei der Umsetzung eines Suizidentschlusses reduzieren und so zu einem nicht unerheblichen Anstieg der Suizidzahlen führen. Außerdem besteht die Gefahr der Kommerzialisierung, weil derartige Organisationen neben Mitgliedsbeiträgen Geld für ihre „Leistungen“ verlangen“, erklärte der Hessische Justizminister Jürgen Banzer bei der Konferenz.

Hessen hatte bereits im April 2006 gemeinsam mit dem Saarland und dem Freistaat Thüringen eine Gesetzesinitiative in den Bundesrat eingebracht. Damit wollen sie mit einem neuen Paragraphen 217 im Strafgesetzbuch die geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung unter Strafe stellen. Der Gesetzesentwurf wurde jedoch zunächst im Rechtsausschuss vertagt. Geplant sei nun eine Befassung des Bundesrats zusammen mit dem Gesetzesentwurf zur Patientenverfügung, hieß es aus dem hessischen Justizminiserium.

Passive und indirekte Sterbehilfe sollen zulässig bleiben

Es gehe dabei nicht darum, in das Selbstbestimmungsrecht sterbenskranker Menschen einzugreifen, betonte der Minister. Zulässig blieben auch passive und indirekte Sterbehilfe. Diese erlauben es insbesondere Ärzten, bei Patienten, bei denen der Sterbeprozess bereits begonnen hat und weitere medizinische Eingriffe nur das Leiden verlängern würden, lebensverlängernde Maßnahmen zu unterlassen (passive Sterbehilfe) oder Maßnahmen zur Schmerzlinderung zu ergreifen, die unbeabsichtigt und unvermeidbar zum Tode führen (indirekte Sterbehilfe).

Unterstützung für einen Vorstoß für ein schnelles Verbot geschäftsmäßiger Sterbehilfe in Deutschland kam umgehend vom stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Wolfgang Bosbach (CDU). Dem mehr als makaberen Geschäft von Organisationen wie Dignitas mit schwerstkranken Menschen müsse endlich ein Riegel vorgeschoben werden, sagte Bosbach der Neuen Osnabrücker Zeitung vom 09.11.07.

Die Arbeit dieser so genannten Sterbehelfer sei in hohem Maße sittenwidrig und auch strafwürdig. Daher stehe die Bundestagsfraktion der Union zu einhundert Prozent hinter der Bundesratsinitiative der Länder Hessen, Thüringen und Saarland, einen neuen Straftatbestand zu schaffen. Er forderte die Länder auf, jetzt schnell im Bundesrat zu einem Beschluss zu kommen, damit ein gesetzliches Verbot zeitnah in Kraft treten könne. Zugleich appellierte er an den Koalitionspartner SPD, sich den Plänen nicht zu verschließen.

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