27.01.06: Streit um Verbindlichkeit von Patientenverfügungen: FDP-Fraktion fordert Vorlage eines Gesetzentwurfs

27.01.06: Streit um Verbindlichkeit von Patientenverfügungen: FDP-Fraktion fordert Vorlage eines Gesetzentwurfs

Die FDP-Fraktion des Bundestages hat in einem Antrag vom 18. Januar 2006 die Bundesregierung aufgefordert, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der die notwendigen Klarstellungen zur Bindungswirkung von Patientenverfügungen vornimmt. Diese seien „dringend erforderlich“, da es eine uneinheitliche Rechtsprechung mit sich widersprechenden Entscheidungen über die Bindungswirkung gebe.

Patientenverfügungen seien schriftlich zu verfassen und der so niederlegte Wille des Patienten sei gegenüber Arzt, Betreuer und Bevollmächtigtem bindend, so die FDP. Auch das Betreuungsrecht solle so geändert werden, dass bei Vorliegen einer schriftlichen Patientenverfügung die Zustimmung zu einem risikoreichen medizinischen Eingriff, zu Therapiebegrenzung und Therapieabbruch grundsätzlich ohne Anrufung des Vormundschaftsgerichtes erfolgen kann. Künftig dürfe das Gericht nur noch in Konfliktfällen entscheiden. Eingeschränkt werden sollte die Gültigkeit von Verfügungen nur dann, wenn der Patientenwille nicht konkret formuliert worden ist oder wenn beim betreffenden Patienten „Anzeichen für eine Willensänderung“ zu beobachten sind, so die Liberalen.

Des Weiteren wird die Regierung aufgefordert, eine Informationskampagne zu starten, die unter anderem Empfehlungen zur Abfassung von Patientenverfügungen enthält. Die FDP-Abgeordneten sind der Ansicht, dass viele Menschen sich Sorgen darüber machten, was mit ihnen passiere, wenn sie, unabhängig von ihrem Alter, durch Erkrankung oder Behinderung nicht mehr in der Lage seien, wichtige rechtliche oder medizinische Entscheidungen für sich selbst zu treffen. Patientenverfügungen ermöglichten es, im Voraus für eine mögliche spätere Behandlungssituation Entscheidungen über gewünschte und nicht gewünschte medizinische Behandlungen zu treffen. „Das Recht zur Selbstbestimmung über den eigenen Körper gehört zum Kernbereich der durch das Grundgesetz geschützten Würde und Freiheit des Menschen“, so die Liberalen.

Justizministerin Zypries hofft „bis Mitte 2007“ auf gesetzliche Regelungen zur Verbindlichkeit von Patientenverfügungen

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hofft unterdessen auf eine Einigung für die gesetzliche Regelung von Patientenverfügungen „bis Mitte 2007“. Dies sagte sie in einem Interview mit der „Berliner Zeitung“ vom 21. Januar 2006. Dabei soll der Respekt vor dem Selbstbestimmungsrecht des Menschen in jeder Phase seines Lebens ein Kernpunkt sein. Deshalb dürfe die Gültigkeit einer Patientenverfügung nach Ansicht der Ministerin nicht für bestimmte Arten oder Stadien von Erkrankungen ausgeschlossen werden. So etwa für Patienten im Wachkoma, das in der Regel nicht zum Tode führt. „Dies hatten einige Abgeordnete gefordert. Das halte ich für falsch und verfassungsrechtlich für nicht vertretbar. Meine Position unterstützt auch der Nationale Ethikrat“, so Zypries. Strittig war in der vergangenen Legislatur insbesondere, ob nur schriftliche Verfügungen anerkannt werden oder auch mündliche.

Eine Annäherung in Bezug auf diese Positionen halte sie für „sicher möglich.“ „Wir halten es beispielsweise für sinnvoll, Patientenverfügungen schriftlich abzufassen. Dabei muss aber sichergestellt sein, dass auch der mündlich geäußerte Wille nicht unbeachtet bleibt und eine schriftliche Verfügung auch jederzeit mündlich geändert und widerrufen werden kann“, sagte die Ministerin gegenüber dem Blatt. Es dürfe nicht sein, dass ein Patient, der krankheitsbedingt nicht mehr schreiben kann, seinen Willen nicht mehr äußern oder ändern kann.

Die Notwendigkeit eines Gesetzes zu Patientenverfügungen begründete die Justizministerin damit, dass es das gute Recht eines Menschen sei, festzulegen, ob und welche Behandlung er im Krankheitsfall haben möchte. Dies gelte auch vorab für einen Zeitpunkt, in dem er nicht mehr entscheiden kann. Viele Menschen seien sehr verunsichert, ob ihr Wille wirklich beachtet wird. Diese Gewissheit solle ihnen das Gesetz geben.

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