19.01.06: Neue Studie zeigt: Rund 3.000 Fälle aktiver Sterbehilfe pro Jahr in Großbritannien
In Großbritannien gab es im Jahr 2004 rund 3.000 Fälle aktiver Sterbehilfe. Dies ist das Ergebnis einer aktuellen Studie von Clive Seale, Professor für Soziologie an der Brunel University, London, und seinem Team, die jetzt im Fachblatt „Palliative Medicine“ veröffentlicht wurde. Als Basis für die Studie diente eine anonyme Befragung unter 857 Ärzten.
Insgesamt gab es 2004 eine Gesamtzahl von knapp 585.000 Todesfällen in Großbritannien. Nach der Studie hatten knapp 1.000 Patienten eigenständig den Wunsch geäußert zu sterben. In 0,33 Prozent aller Todesfälle, d.h. bei knapp 2.000 Patienten, hätten sich die Mediziner dagegen selbstständig zur aktiven Sterbehilfe entschieden, ohne dass die Patienten die Mediziner dazu aufgefordert hätten. Der Zustand der Kranken hätte eine aktive Meinungsäußerung gar nicht mehr zugelassen, heißt es laut „Deutschem Ärzteblatt“ vom 18. Januar 2006 in der Studie. Offiziell ist aktive Sterbehilfe in Großbritannien verboten.
Die Untersuchung kommt außerdem zu dem Ergebnis, dass Ärzte bei 32,8 Prozent, d.h. knapp einem Drittel aller Todesfälle in Großbritannien, schmerzlindernde Medikamente verabreicht haben, die das Leben der Patienten verkürzt haben könnten. Bei weiteren 30,3 Prozent bzw. hochgerechnet rund 177.000 Fällen sei passive Sterbehilfe, d.h. der Verzicht auf lebensrettende Maßnahmen, im Spiel gewesen. Dagegen habe jedoch keiner der befragten Mediziner angegeben, einem Patienten die für einen Suizid notwendigen Medikamente ausgehändigt zu haben.
Zahlen im Vergleich zu ähnlichen Untersuchungen in anderen Ländern niedriger
Der Leiter der Studie, Clive Seale, betonte in einer Pressemitteilung der Universität vom 17. Januar 2006, dass die britischen Zahlen im Vergleich zu ähnlichen Untersuchungen in anderen Ländern niedriger seien. Vor allem in den Niederlanden, Belgien, der Schweiz oder Australien hätten Befragungen mit dem gleichen anonymen Fragenkatalog höhere Prozentzahlen gezeigt.
Die Vorsitzende der Voluntary Euthanasia Society, Deborah Annets, kommentierte die Studie der britischen Tageszeitung „The Guardian“ zufolge mit den Worten: „Die Studie zeigt, das einige Ärzte das Gesetz brechen“. Dies alles geschehe im Verborgenen und werde öffentlich nicht zugegeben. „Einige dieser Ärzte handeln aus Mitleid und auf Wunsch ihrer Patienten, andere dagegen eindeutig ohne Zustimmung“, so Annets.
Ergänzende Informationen:
Results of First Ever UK-Wide Study into Euthanasia and End-of-life Decisions
The results of the first UK-wide study into euthanasia are revealed today in Palliative Medicine.
PRESSRELEASE Brunel University London 17.01.06