13.12.06: Vorstoß zur gesetzlichen Regelung von Patientenverfügungen: Gruppenanträge der Koalition Anfang 2007

13.12.06: Vorstoß zur gesetzlichen Regelung von Patientenverfügungen: Gruppenanträge der Koalition Anfang 2007

Nachdem Bundesjustizministerin Brigitte Zypries mit ihren Vorstößen bisher gescheitert ist, wollen nun SPD und Union im Deutschen Bundestag die Patientenverfügung gesetzlich regeln. Dafür soll es zu Beginn des Jahres 2007 zwei unterschiedliche Gruppenanträge im Parlament geben. Dies berichtete der Berliner Tagesspiegel in der Online-Ausgabe vom 11. Dezember 2006.

Demnach schlägt ein Gesetzentwurf aus Reihen der SPD unter Federführung von Joachim Stünker vor, dass eine Patientenverfügung generell bindend sein soll, und zwar „unabhängig von Art und Stadium der Erkrankung“, wie es in dem Entwurf heißt. Nur bei Zweifeln über den mutmaßlichen Patientenwillen solle das Vormundschaftsgericht entscheiden.

Auch die Union strebe eine „grundsätzlich bindende“ Patientenverfügung an, wie es in einer Vorlage des Rechtspolitikers Wolfgang Bosbach (CDU) für die Fraktion heißt, auf deren Grundlage jetzt ein Gesetzentwurf formuliert wird. Jedoch mache Bosbach eine entscheidende Einschränkung, die so genannte Reichweitenbeschränkung. Eine lebenserhaltende medizinische Maßnahme dürfe nur abgebrochen werden, „bei irreversiblen Grundleiden, die trotz medizinischer Heilbehandlung einen tödlichen Verlauf genommen haben“.

Laut Bosbachs Vorschlag solle es bei der Reichweitenbeschränkung aber auch eine Ausnahme geben. Konkret bei Menschen, die über lange Zeit ohne Bewußtsein sind, etwa in einem stabilen Wachkoma verharren, und „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ das Bewußtsein niemals wiedererlangen werden. Auch in diesen Fällen solle bei vorliegender entsprechender Patientenverfügung eine lebenserhaltende Medizin abgesetzt werden, schreibt das Blatt.

Patientenverfügungsgesetz soll Klarheit schaffen

Bisher ist eine schriftlich hinterlegte Patientenverfügung für Mediziner nicht wirklich bindend. In einer Patientenverfügung kann niedergelegt werden, welche Behandlung man sich für den Fall, dass man sich nach einem Unfall oder bei einer schweren Krankheit nicht mehr selbst äußern kann, wünscht oder nicht mehr wünscht.

Angesichts der grundlegenden Differenzen werde es laut Tagesspiegel einen Gesetzentwurf der Koalition nicht geben. Allerdings hätten sich die Rechtspolitiker auch bereits verständigt, dass es keine Fraktionsanträge geben werde, da die Materie zu heikel und das ethische Empfinden zu individuell seien. Deshalb wollen Union und SPD zu Beginn des Jahres ihre beiden Vorschläge als Gruppenanträge auf den Weg bringen. Die Mehrheit im Plenum des Bundestages solle dabei über alle Parteigrenzen hinweg gefunden werden.

Die Deutsche Hospiz Stiftung begrüßte das angekündigte Vorhaben von Union und SPD. „Es kann nicht sein, dass an Amts- und Landgerichten quer durch die Bundesrepublik über Patientenverfügungen unterschiedlich entschieden wird“, betonte Eugen Brysch, Geschäftsführer der Deutschen Hospiz Stiftung in einer Pressemitteilung vom 11.12.06. Umso wichtiger sei es, dass ein künftiges Patientenverfügungsgesetz in den Bereichen Schriftlichkeit, Beratung und mutmaßlicher Wille Klarheit schaffe. Gerade für die Ermittlung des mutmaßlichen Willens würden verbindliche und vor allem praxistaugliche Kriterien fehlen.

„Das führt bislang dazu, dass Angehörige, Ärzte und Vormundschaftsrichter unterschiedliche Maßstäbe ansetzen. Damit wird der mutmaßliche Wille zum Spielball allgemeiner gesellschaftlicher Vorstellungen über Würde am Lebensende“, mahnte Brysch.

Ergänzende Informationen:

Denkwürdige Befunde
Patientenverfügungen sollen für Ärzte verbindlich sein. Diese Forderung steht seit langem schon ganz oben auf der Agenda von Gesundheitspolitikern. Eine Studie jedoch zeigt, dass viele Patienten ihre Meinung ändern, wenn sie schwer erkrankt sind
Von Klaus-Peter Görlitzer
TAZ 15.12.06

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