31.01.22: Neuer ZQP-Kurzratgeber: Lebensmüdigkeit bei pflegebedürftigen Menschen ernst nehmen
Verlieren Menschen die Freude am Leben und die Kraft dafür, spricht man von Lebensmüdigkeit. Woran Angehörige Lebensmüdigkeit oder sogar Suizidgedanken bei pflegebedürftigen Menschen erkennen und wie sie damit umgehen können, erklärt der neue kostenlose Kurzratgeber „Wenn ältere pflegebedürftige Menschen lebensmüde sind“ aus der Reihe EINBLICK der „Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege“ (ZQP).
Er ist bereits im Oktober 2021 erschienen. Enthalten sind darin Hinweise auf Warnsignale, die auf Suizidgefährdung hindeuten können, 10 Tipps zum Umgang mit Lebensmüdigkeit und Suizidalität bei älteren pflegebedürftigen Menschen sowie Hinweise zu Beratungs- und Unterstützungsangeboten.
„Ältere pflegebedürftige Menschen leben häufig mit mehreren fortschreitenden Erkrankungen, mit verschiedenen körperlichen, psychischen und sozialen Belastungen. Dazu gehören zum Beispiel stark nachlassende eigene Fähigkeiten, chronische Schmerzen, Angst vor zunehmender Hilfebedürftigkeit, Verluste von Beziehungen oder mangelnde soziale Einbindung“ erläuterte das ZQP in einer Pressemitteilung vom 31. Januar 2022. Diese Situation könne zu einer inneren Krise führen und die Motivation nehmen, weiterzuleben. Dann wird von Lebensmüdigkeit gesprochen, die bis zur Suizidalität reichen kann.
Mit dem neuen Kurzratgeber will das ZQP für Angehörige Hilfsangebote aufzeigen. Deren Ziel ist es, das zugrunde liegende Leid zu mildern und die Lebenssituation zu verbessern. Darin wird in einfachen Worten erklärt, was man eigentlich unter Lebensmüdigkeit und Suizidalität versteht, was die Ursachen dafür sind und welche Warnsignale darauf hindeuten. Zudem werden konkrete Tipps gegeben, wie man helfen kann. Der Ratgeber ist entstanden in Kooperation mit dem Nationalen Suizidpräventionsprogramm (NaSPro).
„Was genau gegen Lebensmüdigkeit und Suizidalität zu tun ist, hängt von der individuellen Situation ab. Grundlage dafür ist, dass man der betroffenen Person gut zuhört und einfühlsam nachfragt. Denn es ist wichtig herauszufinden, was die konkreten Ursachen sind und was die pflegebedürftige Person besonders belastet. Dann kann man passende Hilfe suchen, zum Beispiel praktische, soziale oder psychotherapeutische Unterstützung“, erklärte Dr. Ralf Suhr, Vorstandsvorsitzender des ZQP.
Hilfsangebote zu Lebensmüdigkeit und Suizidalität
Zudem solle man sich dafür einsetzen, dass körperliche oder psychische Beschwerden bzw. Erkrankungen wirksam behandelt werden, etwa durch die Therapie von Depressionen und Schmerzen. Auch palliative Versorgung könne zur Linderung belastender Symptome in Betracht gezogen werden. Bei der Suche nach Unterstützung sei es ratsam, fachlichen Rat einzuholen. Damit Hilfe letztlich wirksam werden kann, sei eine wichtige Voraussetzung, dass diese auch angenommen wird. Trotzdem müsse akzeptiert werden, wenn Hilfsangebote von Betroffenen abgelehnt werden.
Mit Lebensmüdigkeit oder sogar Suizidgedanken eines pflegebedürftigen Angehörigen umzugehen, kann sehr belastend sein. Darum informiert der neue EINBLICK auch über Beratungs- und Hilfsangebote für pflegende Angehörige. „Insbesondere pflegende Angehörige sind nicht selten über Jahre mit den Themen Lebensende, Sterben und Tod konfrontiert. Das kann sehr traurig machen sowie auch erhebliche Folgen für die Pflegesituation oder für andere persönliche Beziehungen haben. Daher ist es wichtig, dass Unterstützungs- und Entlastungsangebote für Angehörige bereitstehen und genutzt werden.“, so Suhr.
Der vierseitige Ratgeber „Wenn ältere pflegebedürftige Menschen lebensmüde sind“ ist werbefrei und kann kostenlos über die Webseite des ZQP bestellt sowie als PDF-Datei heruntergeladen werden:
Bedeutung von Suizidprävention im Kontext Alter und Pflegebedürftigkeit
Lebensmüdigkeit und Suizidalität seien Themen über die nicht gerne gesprochen werde, erläutert die Stiftung. Sie beträfen jedoch viele Menschen – gerade auch im Kontext Alter und Pflegebedürftigkeit.
„Aufklärung dazu ist von zentraler Bedeutung. Denn laut dem Statistischen Bundesamt starben 2020 in Deutschland über 9.200 Menschen durch Suizid. Etwa 30 Prozent von ihnen war mindestens 70 Jahre alt. Die Suizidrate in der Altersgruppe 70 plus ist im Verhältnis zur Suizidrate in der Gesamtbevölkerung also überproportional hoch“, so das ZQP. Insbesondere bei älteren pflegebedürftigen Menschen könne zudem die Dunkelziffer von Suiziden nicht unerheblich sein. Denn diese würden möglicherweise gar nicht als solche wahrgenommen und folglich amtlich nicht erfasst.
Wenn Menschen lebensmüde oder gar suizidal sind, kann das unterschiedliche Gründe haben. Meist kämen mehrere Faktoren zusammen, die insbesondere auch ältere pflegebedürftige Menschen betreffen können. Dazu gehören zum Beispiel stark nachlassende körperliche oder geistige Fähigkeiten, chronische Schmerzen, Verluste von nahestehenden Personen oder Konflikte mit ihnen sowie Einsamkeit. Ein relevanter Risikofaktor für Suizidalität sei laut den Experten Depression – eine der häufigsten psychischen Erkrankungen im Alter, die behandelbar ist.
Auch für pflegende Angehörige kann es sehr schwer sein, mit Lebensmüdigkeit bis hin zu Suizidalität des pflegebedürftigen Menschen, zum Beispiel des Lebenspartners oder Elternteils, umzugehen. Konkret etwa Gespräche dazu zu führen oder deren Belastung auszuhalten. Mitunter seien sie über Jahre mit den Themen Sterben und Tod bei dieser Person konfrontiert. Dabei gelten pflegende Angehörige ohnehin als psychisch überdurchschnittlich belastet.
Suiziden vorzubeugen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe
„Suiziden vorzubeugen ist geboten, möglich und eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Denn Suizidwünsche zu äußern, bedeutet nicht unbedingt, dass die betreffende Person gerne sterben möchte, sondern weist zunächst darauf hin, dass sie ihre Lebensumstände als unerträglich wahrnimmt. Suizidversuche erfolgen zudem oft vor dem Hintergrund psychischer Erkrankungen. Suizidprävention verlangt daher danach, die individuelle Situation von suizidalen Menschen zu verstehen und passende Hilfsangebote zu unterbreiten“, schreibt das ZQP in seiner Mitteilung.
„Lebensmüdigkeit und Suizidalität werden insgesamt noch zu wenig als relevante Themen im Zusammenhang mit Pflegebedürftigkeit gesehen. Zu einer guten Unterstützung von pflegebedürftigen Menschen gehört, dass Anzeichen für entsprechende Krisen von allen Akteuren im Versorgungsmix sowohl wahr- als auch ernstgenommen werden. Dies gilt insbesondere auch in der aktuellen Pandemiesituation.“ gab Dr. Suhr abschließend zu bedenken.
Weitere Informationen
Kurzratgeber „Wenn ältere pflegebedürftige Menschen lebensmüde sind“ aus der Reihe EINBLICKE auf der Webseite der Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP)
Dort als PDF-Download oder zum kostenlosen Bestellen als gedruckte Broschüre