17.05.17: Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin warnt: Palliativdienste im Krankenhaus dürfen nicht zu Dumpingpreisen „eingekauft“ werden!
Seit 2017 haben Krankenhäuser die Möglichkeit, mit Kostenträgern krankenhausindividuelle Zusatzentgelte für multiprofessionelle, mobile Palliativdienste im Krankenhaus zu verhandeln. Die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) warnt vor diesem Hintergrund vor drohenden Dumpingpreisen für Palliativdienste im Krankenhaus.
Hinter der nüchternen Ziffer 8-98h im Klassifikationssystem OPS 2017 des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) verbirgt sich ein „grundsätzlicher und erheblicher Fortschritt in der stationären Versorgung schwerkranker Menschen“, betont die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) in einer Pressemitteilung vom 16. Mai 2017. Konkret kann der Palliativdienst für schwerstkranke und sterbende Patienten auf sämtlichen Stationen hinzugezogen werden. Dies sei insbesondere für die über 80 Prozent der Krankenhäuser ohne Palliativstation zukunftsweisend.
Allerdings warnt die wissenschaftliche Fachgesellschaft nach ersten Rückmeldungen aus laufenden Verhandlungen davor, dieses absolut notwendige Angebot für Patienten und Angehörige „zu billig zu verkaufen“. „Palliativdienste im Krankenhaus müssen bundesweit auskömmlich finanziert werden, um der anspruchsvollen Aufgabe der Behandlung und Begleitung schwerstkranker Patienten und ihrer Angehörigen gerecht werden zu können“, erklärte der Vizepräsident der DGP, Dr. Bernd-Oliver Maier. Die neue Regelung werde nur bei angemessener Refinanzierung zu qualitativ hochwertiger und patientenzugewandter Versorgung führen.
Palliativdienste im Krankenhaus: Mindest-Personalstruktur unter Einbindung mehrerer Berufsgruppen notwendig
Ziel sei es, es zukünftig allen Abteilungen eines Krankenhauses deutlich zu erleichtern, einen internen oder externen Palliativdienst zu Rate zu ziehen, sollte bei einem lebensbedrohlich erkrankten Menschen ein spezialisierter Versorgungsbedarf auftreten. Dafür benötige der Palliativdienst eine Mindest-Personalstruktur unter Einbindung mehrerer Berufsgruppen, die unabhängig von der zu erwartenden Fallzahl zur kontinuierlichen Sicherstellung des Angebots gegeben sein muss.
Es entspreche dem wissenschaftlichen Qualitätsstandard, dem Team des Palliativdienstes neben Ärzten und Pflegefachkräften erstmals mindestens einen Vertreter aus der Sozialarbeit/Sozialpädagogik, Psychologie/Psychotherapie oder Physiotherapie/Ergotherapie zuzuordnen. Nur eine enge multiprofessionelle Zusammenarbeit im Teamgewährleiste eine umfassende Versorgung schwerkranker und sterbender Menschen, so die Fachgesellschaft.
Dumpingpreise ein „höchst unglückliches Signal“
Nach Analysen der DGP ziehe die einzelne kalkulationsrelevante patientenbezogene Stunde mehrere Stunden Gesamtarbeitszeit nach sich. So zum Beispiel zur Behandlungskoordination, inhaltlichen Absprache, Falldiskussion, Therapieüberwachung, Übergabe, Dokumentation, Administration u.ä., die über diesen Stundenwert mitfinanziert werden müssen. Mit großer Besorgnis nimmt die DGP deshalb erste Rückmeldungen aus laufenden Verhandlungen zur Kenntnis, in denen vereinzelt für diese eine Stunde patientennaher Zeit – incl. der nicht kostenrelevanten Folgestunden – laut Maier „unfassbare Dumpingpreise von 50 Euro“ im Gespräch seien.
Diese völlig inadäquaten Angebote seien „ein höchst unglückliches Signal“ einzelner Kostenträger, erklärte Maier. Die Forderung der Politik, Palliativdienste im Hospiz- und Palliativgesetz zu verankern, habe andere Erwartungen an einen seriösen Willen zur Umsetzung der Einführung dieser spezialisierten Komplexleistung geweckt.
„Es bleibt essentiell, darauf zu achten, dass die noch zu verhandelnden krankenhausindividuellen und die ab 2019 bewerteten Zusatzentgelte die fachliche Qualität und die weiteren Anforderungen wie z.B. die 24-stündige Erreichbarkeit auch kostendeckend gegenfinanzieren. Aus Sicht der DGP und aufgrund der Erfahrung aus den laufenden Verhandlungen erscheint es außerdem äußerst sinnvoll, die im Palliativdienst tätigen Ärztinnen/Ärzte in die Verhandlungen einzubinden, damit in den Gesprächen anhand praktischer Beispiele verdeutlicht werden kann, welche tatsächliche Leistung und welcher Aufwand sich hinter den Ziffern verbirgt“, so die DGP abschließend.