21.08.10: Nach BGH-Urteil: Bundesärztekammer will Berufsrecht zur Sterbehilfe liberalisieren
Die Bundesärztekammer plant das Berufsrecht beim Thema Sterbehilfe zu liberalisieren. Dies berichtete die Rheinische Post online am 18. August 2010. Demnach erklärte der Präsident der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe gegenüber der Zeitung, er könne sich eine Formulierung vorstellen, „die zum Ausdruck bringt, dass es nicht zur Aufgabe des Arztes gehört, Menschen beim Suizid zu helfen. Wenn der Arzt als Mensch dies aber mit seinem Gewissen vereinbaren kann, dann darf er dies tun“, so Hoppe. Mit einer derartigen Liberalisierung leitet die Bundesärztekammer nun eine fundamentale Wende in der bisherigen Positionierung ein. Demnach ist eine Suizidbegleitung mit dem Berufsrecht nicht zu vereinbaren.
Hintergrund der Liberalisierungspläne für das Berufsrecht ist das am 25. Juni 2010 gefällte Bundesgerichtshofurteil, wonach ein Abbruch lebenserhaltender Behandlungen auf der Grundlage des Patientenwillens nicht strafbar ist (siehe das Themenspecial vom 27.06.2010). Mit der Änderung wollen die Ärzte nun das bisher strenge Berufsrecht an die Gesetzeslage anpassen. Der Ärztekammerpräsident betonte jedoch, man wolle „keinesfalls eine Entwicklung befördern, in der ein Druck auf Schwerkranke entsteht, freiwillig in den Tod zu gehen.“
Scharfe Kritik an den Plänen der Bundesärztekammer
Die Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung in Berlin übte umgehend scharfe Kritik an den Plänen der Bundesärztekammer. Der Geschäftsführer der Stiftung, Eugen Brysch erklärte, damit wachse der Druck auf schwerstkranke Menschen, von einem ärztlich assistierten Selbstmord Gebrauch zu machen, um anderen nicht zur Last zu fallen. Sofern die Bundesärztekammer diesen Trend verhindern wolle, habe sie nur die Möglichkeit, sich strikt gegen ärztliche Beihilfe bei der Selbsttötung aussprechen.
Auch die Deutsche Palliativstiftung und die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin sprachen sich Medienberichten zufolge entschieden gegen eine Suizidbegleitung durch Ärzte aus.
Wie die Änderungen im Berufsrecht für Ärzte nun konkret aussehen werden, wird sich in nächster Zeit zeigen. Seit kurzem ist das Urteil des Bundesgerichtshofs, das massive Kritik und Protest hervorrief, auch im Wortlaut offiziell im Internet abrufbar. Eine ausführliche Bewertung dazu liefert Rechtsanwalt und Biopolitik-Blogger Oliver Tolmein in der FAZ vom 18. August in dem Artikel „Selbsjustiz am Krankenbett“.