23.01.10: Neuer Sterbehilfe-Verein: Roger Kusch bietet wieder Suizidbegleitung an

23.01.10: Neuer Sterbehilfe-Verein: Roger Kusch bietet wieder Suizidbegleitung an

Der ehemalige Hamburger Justizsenator Dr. Roger Kusch bietet wieder Suizidbeihilfe an. Medienberichten zufolge haben laut Kusch anonyme Helfer bereits zwei Menschen beim Suizid geholfen. Er selbst habe sich damit nach eigenem Bekunden jedoch nicht strafbar gemacht, da ein im Februar 2009 vom Hamburger Verwaltungsgerichts ausgesprochenes Verbot (siehe Themenspecial vom 21.02.09) nur für ihn gelte. Weitere 20 bis 30 suizidwillige Menschen stünden Kusch zufolge bereits auf seiner Warteliste.

Zur Abwicklung seiner Dienste hatte er Ende letzten Jahres eigens den Verein „SterbeHilfeDeutschland e.V.“ gegründet, wie Kusch am 21. Januar auf seiner neuen Vereinswebseite bekannt gab. Unter anderem bietet der Verein laut Satzung Mitgliedern mit „hoffnungsloser Prognose, unerträglichen Beschwerden oder unzumutbarer Behinderung“ für einen Jahresbeitrag von 100 Euro oder einer lebenslangen Mitgliedschaft für 1000 Euro Hilfe beim Suizid mittels Medikamentenmix. Bei den Voraussetzungen ihrer Hilfe orientiere man sich laut Einführungsseite an den Kriterien der Schweiz, wo die Begleitung von Suiziden seit langem gesellschaftlich anerkannt sei.

Vergangenes Jahr verlangte Kusch noch für eine Suizidbegleitung bis zu 8000 Euro. Dies habe seiner Ansicht nach seinem Projekt jedoch geschadet, heißt es in einem Bericht der Bild-Zeitung vom 22.01.10. Befürchtungen, dass der Verein verboten wird, hat Kusch laut Aussage auf der Webseite in der Rubrik „Häufige Fragen“ nicht. Denn nach dem Koalitionsvertrag von CDU, CSU und FDP soll „die gewerbsmäßige Vermittlung von Gelegenheiten zur Selbsttötung“ unter Strafe gestellt werden. Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger habe erklärt, dass mit dem Gesetz nur „die auf Gewinnerzielung angelegte Sterbehilfe“ verboten werden solle. (Siehe Themenspecial vom 24.10.09 unten.) Der Verein handle jedoch nicht zur Gewinnerzielung.

Forderungen nach Verbot der organisierten Suizidbeihilfe

Kritik kam von der Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung. „Diejenigen, die geglaubt hatten, der organisierten Suizidbeihilfe sei ohne gesetzliche Regelungen beizukommen, sind nun auf entsetzliche Weise eines Besseren belehrt worden. Solange unsere Strafverfolgungsbehörden bloß mit Pappschwertern ausgerüstet sind, kann einem menschenverachtenden Tötungshelfer wie Kusch niemals das Handwerk gelegt werden“, kommentierte der Geschäftsführende Vorstand der Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung, Eugen Brysch, in einer Presseaussendung das Bekenntnis Kuschs, seine Machenschaften weiter zu betreiben.

Jetzt räche sich, dass die Politik bislang nicht gehandelt habe. Es sei nun an der schwarz-gelben Regierung, keine Zeit mehr zu verlieren. Er forderte, der organisierten Suizidbeihilfe, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, schleunigst einen Riegel vorzuschieben. „Es darf keinen Tod aus den Gelben Seiten geben – egal ob er nun von kommerziell agierenden Geschäftsleuten oder von menschenverachtenden Selbsttötungsvereinen angeboten wird“, so Brysch.

Strafrechtliches Verbot der gewerblichen und der organisierten Sterbehilfe notwendig

Auch die bayerische Justizministerin Dr. Beate Merk übte scharfe Kritik an dem erneuten Vorstoß von Kusch. „Dieser neue Vorstoß von Herrn Kusch müsste allen klar machen, dass wir endlich ein strafrechtliches Verbot der gewerblichen und der organisierten Sterbehilfe brauchen“, erklärte Merk in einer Pressemitteilung am 22.01.10. Dabei verwies sie auf einen von Bayern und mehreren anderen Bundesländern ausgearbeiteten Gesetzentwurf. Das bloße Verbot einer gewerblichen Sterbehilfe reiche nicht aus.

„Herr Kusch wird sich sicherlich darauf berufen, mit seinem Verein kein Geld verdienen zu wollen. Dies zu widerlegen dürfte nicht einfach sein. Das zeigen auch die Erfahrungen in der Schweiz mit Dignitas und Exit. Wir dürfen aber auch nicht zulassen, dass die Selbsttötung scheinbar normal wird, nur weil ein entsprechendes Dienstleistungsangebot besteht“, warnte die Ministerin. Daraus könne sich eine gesellschaftliche Erwartungshaltung entwickeln, dass schwer kranke und alte Menschen ihren Angehörigen oder der Gemeinschaft nicht dauerhaft zur Last fallen, so ihre Befürchtung.

„Diese besondere Gefährdung menschlichen Lebens geht auch von nicht gewerblichen Organisationen aus. Anstelle eines solchen Vereins von Herrn Kusch benötigen wir einen Ausbau der Palliativmedizin und der Hospizbewegung in der Fläche“, forderte Merk.

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