23.08.12: Studie zum Sterben in Deutschland: Sterben und Tod kein Tabu mehr

Screenshot Studie zum Sterben in Deutschland: Sterben und Tod kein Tabu mehr 2012Am 20. August 2012 hat der Deutsche Hospiz- und PalliativVerband (DHPV) eine repräsentative Studie zum Thema „Sterben in Deutschland – Wissen und Einstellungen zum Sterben“ vorgestellt.

Darin ging es um Antworten auf Fragen wie: Wo steht unsere Gesellschaft nach dem Beginn der Hospizbewegung und der Entwicklung der Palliativmedizin in Deutschland? Inwieweit setzen sich die Menschen mit Sterben und Tod auseinander? Was wissen sie über Hospiz, was über Palliativ? Inwieweit haben Menschen bereits Erfahrungen mit dem Thema Sterben und was bedeutet das für ihr eigenes Sterben? Die Befragung erfolgte durch die Forschungsgruppe Wahlen Telefonfeld telefonisch bei 1044 Deutschen ab 18 Jahren. Erhebungszeitraum war der 25. bis 28. Juni 2012.

„Die Ergebnisse unserer Bevölkerungsumfrage zeigen, dass sich die Menschen eine intensivere Auseinandersetzung mit Sterben und Tod wünschen. Beides ist kein Tabu mehr. Wir sind sehr beeindruckt von den Umfrageergebnissen, sie geben in vielfältiger Weise Aufschluss über Wissen und Einstellungen der Bevölkerung zum Thema Sterben und Tod – wichtige Grundlagen für uns, um gezielter auf die Anforderungen reagieren zu können,“ erklärte in einer Presseaussendung Dr. Birgit Weihrauch, Vorstandsvorsitzende des Deutschen Hospiz- und PalliativVerbands (DHPV). Der DHPV ist der Dachverband von über 1.000 Hospizvereinen und Palliativeinrichtungen in Deutschland.

„Nach 30 Jahren Hospizbewegung und Palliativmedizin haben wir sehr viel erreicht. Aber die Situation der schwerstkranken und sterbenden Menschen stellt uns alle weiterhin vor große Herausforderungen“, so Dr. Erich Rösch, stellvertretender Vorsitzender des DHPV. Um diese Herausforderungen konkret benennen zu können, seien fundierte Kenntnisse über Wissen und Einstellungen der Bevölkerung zu diesen Themen von grundlegender Bedeutung.

Ergebnisse der Studie zum Sterben in Deutschland

In der Studie gaben 58 Prozent der Befragten an, dass sich die Gesellschaft mit dem Thema Sterben und Tod zu wenig befasst. 39 Prozent der Interviewten erklärten, dass Sterben und Tod in ihrem persönlichen Umfeld eine große bis sehr große Rolle spielt. 83 Prozent haben bereits Erfahrung mit dem Sterben eines nahestehenden Menschen gemacht. Mehr als die Hälfte, d.h. 54 Prozent der Befragten gaben an, sich über das eigene Sterben häufig bzw. ab und zu Gedanken gemacht zu haben. Innerhalb der Altersgruppen variierte dies, aber bereits junge Menschen zwischen 18 und 29 Jahren bestätigten dies zu 48 Prozent.

„Das heißt, Menschen werden in ihrem Alltag, ihren Familien und in ihrem Beruf mit Sterben und Tod konfrontiert. Demgegenüber steht die Auseinandersetzung in der Gesellschaft, die von vielen Menschen bei weitem nicht als ausreichend empfunden wird“, so die Studie. „Das heißt, den konkreten, individuellen Erfahrungen der einzelnen Menschen steht die weitgehende Sprachlosigkeit innerhalb der Gesellschaft gegenüber. Notwendig ist daher die gesellschaftliche Auseinandersetzung zum Thema Sterben und Tod, an dem sich die Verantwortlichen aus Politik, Gesundheitssystem und die allgemeine Bevölkerung beteiligen. Dabei bedarf es differenzierter Angebote, um zum Beispiel auch dem Bedürfnis junger Menschen nach einer entsprechenden Auseinandersetzung Raum zu geben“, so ein Fazit aus der Untersuchung.

Bekanntheit und Einordnung der Begriffe Hospiz und Palliativ

In weiteren Fragen ging es um die Bekanntheit und Einordnung der Begriffe Hospiz und Palliativ, um die Frage nach dem Sterbeort, um Schmerztherapie, Patientenverfügungen und die Frage, wohin man sich wenden kann auf der Suche nach einem Platz in einer Palliativ- bzw. Hospizeinrichtung. Hierbei zeigte sich, dass der Begriff Hospiz mittlerweile einen hohen Bekanntheitsgrad hat. So haben 89 Prozent der Befragten bereits davon gehört und 66 Prozent können den Begriff auch richtig einordnen.

„Für die Hospizbewegung ist mit dieser Bekanntheit auch eine hohe Anerkennung ihrer langjährigen Arbeit verbunden. Denn seit den Anfängen der Hospizbewegung ist es eine wesentliche Aufgabe, den Begriff Hospiz in der Gesellschaft zu etablieren“, so der DHPV. Deutlich weniger bekannt ist dagegen der Begriff Palliativ. Davon haben nur 49 Prozent gehört und nur 32 Prozent können ihn richtig einordnen.

Zur Frage nach dem gewünschten Sterbeort gaben 66 Prozent der Befragten, die sich bereits über ihr eigenes Sterben Gedanken gemacht haben, an, zuhause sterben zu wollen, während 18 Prozent sagten, dass sie in einer Einrichtung zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen sterben wollen.

Auch Patientenverfügungen sind ein wichtiges Thema in der Bevölkerung. Gut ein Viertel, d.h. 26 Prozent der Befragten, haben eine Patientenverfügung verfasst, 43 Prozent haben schon einmal ernsthaft darüber nachgedacht. Die Ergebnisse sind hier allerdings sehr abhängig vom Lebensalter. Die ausführlichen Ergebnisse der lesenswerten Studie finden sich als kostenloser Download auf der Internetseite des DHPV (siehe unten).

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